Die Griechische Landschildkröte ist in Deutschland vermutlich die am häufigsten gehaltene Schildkröte. Weil sie so beliebt ist, wurde sie auch viel studiert, weswegen einiges über sie bekannt ist. Auf dieser Seite erfährst du wo die Griechische Landschildkröte ursprünglich her kommt, wie sie anatomisch aufgebaut ist und wie sie sich unter natürlichen Bedingungen verhält.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitungsgebiet der Griechischen Landschildkröte

Karte von Europa zeigt Verbreitungsgebiet der Griechischen Landschildkröte. In grün markiert die Gebiete der westlichen Unterart Thh entlang der Küsten Spaniens, Frankreichs und Italien. In blau und rot markiert die Gebiete der westlichen Unterart Thb in Kroatien, Mazedonien, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Griechenland und der Türkei.

Die Griechische Landschildkröte ist eine von drei im europäischen Mittelmeerraum vorkommenden Schildkröten der Gattung Testudo und gliedert sich in zwei Unterarten auf. Die westliche Unterart Testudo hermanni hermanni (Thh), sowie die östliche Unterart Testudo hermanni boettgeri (Thb). Während die westliche Unterart in Spanien, Frankreich und Italien beheimatet ist, ist die östliche Unterart in den Ländern Kroatien, Mazedonien, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Griechenland und dem europäischen Teil der Türkei zu finden.
Dort bewohnt sie hauptsächlich Buschlandschaften oder Ränder landwirtschaftlicher Flächen. Anders als die östliche Unterart, kommt die Westliche auch vermehrt im Landesinneren vor, wo es durchaus strenge Winter gibt.
Für beide Unterarten existieren zahlreiche Lokalformen, die sich in Größe und Zeichnung des Panzers von den restlichen Artgenossen unterscheiden. Eine der bekanntesten Lokalformen ist die dalmatinische Form Testudo hermanni boettgeri var. hercegovinensis.

Schon gewusst?

Der Name Griechische Landschildkröte ist nicht einheitlich. In der Wissenschaft, sowie im Englischen und Französischen wird sie Hermanns Schildkröte und im Spanischen Mediterrane Schildkröte genannt. Hingegen bedeutet aber der wissenschaftliche Artenname der Maurischen Landschildkröte (Testudo graeca) Griechische Landschildkröte.

Unterschiede zwischen den Unterarten

Es ist nicht immer ganz leicht die beiden Unterarten Thh und Thb auseinander zu halten. Die zuverlässigsten Unterscheidungsmerkmale sind aber die Bänderung des Bauchpanzers sowie die Körpergröße „ausgewachsener“ Tiere. Bei allen Merkmalen kann es aber auch Ausnahmen geben.

  • Die Bauchzeichnung bei Testudo hermanni boettgeri ist im Vergleich zur Bauchzeichnung von Testudo hermanni hermanni kein durchgehendes schwarzes Band, sondern schwarz gefleckt. Allerdings können die Flecken bei einigen Individuen von Thb schon mal wie ein durchgehendes Band aussehen.
  • Bei der östlichen Unterart ist die Naht zwischen den Brustschilden (Pectoralia) länger als die Naht zwischen den Beinschilden (Femoralia). Bei Thh ist das Verhältnis der beiden Nähte in etwa gleich.
  • Thb kann am Panzer bei den Hinterbeinen sogenannte Inguinalschilde besitzen.
  • Boettgeri wird in der Regel deutlich größer als hermanni, wobei es auch kleinbleibende Lokalformen gibt.

Anatomie der Griechischen Landschildkröte

Der Panzer

Auffälligstes Merkmal ist selbstverständlich der für Schildkröten charakteristische Panzer, welcher wie bei den meisten Landschildkröten, aus festen Platten besteht. Bei Schlüpflingen ist der Panzer noch zunächst sehr Weich und verfestigt sich erst mit der Zeit durch Kalziumeinlagerungen und UV Licht. Die Panzerfarbe der Griechischem Landschildkröte ist Stroh- bis Olivgelb mit einer Schwarzen, individuellen Musterung auf Rücken- (Carapax) und Bauchseite (Plastron), welche eine eindeutige Identifizierung eines Individuums ermöglicht.

Dieser Panzer, welcher ca 1/3 des Gewichts eines Tieres ausmacht, besteht aus festen Knochenplatten mit gegeneinander verschobenen Naht- und Verzahnungsstellen um die Festigkeit zu erhöhen. Darüber spannt sich ein Gebilde von Hornplatten, wobei die Anzahl der Hornplatten deutlich geringer ist als die Anzahl der Knochenplatten, sodass eine Hornplatte mehrere Knochenplatten überdeckt. Für eine höhere Stabilität sind die Nahtstellen der Knochen- und die der Hornplatten versetzt.

Knochenplatten Hornplatten im Vergleich. Panzer Schildkröten
Vergleich Honrplatten (links) zu Knochenplatten (rechts)

Hornschilde des Rückenpanzers (Carapax):

Carapax Griechische Landschildkröte Rückenpanzer Villa Amanda
Bildquelle: Wikipedia


(von cranial nach caudal bzw. von vorne nach hinten)

  • 1 Nackenschild (Cervicale oder Nuchale)
  • 24 Randschilde (Marginalia)
  • 5 Wirbelschilde (Vertebralia)
  • 8 Rippenschilde (Pleuralia oder Costalia)
  • 1 Schwanzschild (Caudale)

Hornschilde des Bauchpanzers (Plastron):
(von Gularia nach Analia bzw. von vorne nach hinten)

  • 2 Kehlschilde (Gularia)
  • 2 Armschilde (Humeralia)
  • 2 Achselschilde (Axillaria)
  • 2 Brustschilde (Pectoralia)
  • 2 Bauchschilde (Abdominalia)
  • 2 Hüftschilde (Inguinalia)
  • 2 Beinschilde (Femoralia)
  • 2 Afterschilde (Analia)

Der Panzer umschließt den Körper rundherum. Lediglich vorne und hinten ist jeweils eine große Öffnung aus denen Kopf, Beine und Schwanz herausgucken. Er entwickelte sich im Laufe der Evolution aus den Rippen, welche breiter wurden, sich verformten und letztendlich zusammen wuchsen. Der Panzer ist also nichts anderes als der Brustkorb der Schildkröte mit dem sie fest verwachsen ist. Daher können Schildkröten ihren Panzer auch nicht verlassen. Da so ein starrer Brustkorb sehr einschränkend ist, haben Schildkröten einen speziellen Muskel für die Atmung. Im übrigen dient der Panzer nicht als Schutz vor Feinden, sondern als Stabilisator zum vergraben.

Die einzelnen Hornplatten weisen Wachstumsringe auf, welche zwar Wachstumsphasen anzeigen, von denen sich aber, entgegen dem allgemeinen Glauben, nicht auf das genaue Alter einer Schildkröte schließen lässt. Das Wachstum ist Abhängig von Wetter und Futterangebot. So kann es vorkommen das mehrere Wachstumsringe innerhalb eines Jahres erscheinen oder auch keiner.

Gliedmaßen

Während die Hinterbeine eher Säulenförmig sind, erinnert die Form der Vorderbeine an ein dickes Paddel und sehen etwas verdreht aus. An den Vorderbeinen befinden sich 5 kräftige Krallen (wobei der „Daumen“ auch nur rudimentär bis garnicht vorhanden sein kann) mit denen sich die Schildkröte an rauhen Oberflächen nach oben ziehen kann. An den Hinterbeinen befinden sich nur 4 Krallen mit dessen Hilfe die Schildkröte Löcher buddeln kann.

Die Haut

Hautschuppen Am Vorderbein einer Griechischen Landschildkröte

Die Haut besteht überwiegend aus festen Schuppen, welche sich besonders an den Vorderbeinen überlappen. Zur Panzeröffnung hin wird die Haut immer weicher und elastischer. Besonders am faltigen Hals und den Oberschenkeln. Bei Jungtieren ist die Haut sehr dunkel, bei Schlüpflingen richtig schwarz, bis auf einige helle, olive-gelbe Flecken. Bei adulten Tieren hellt die haut zu einem Grauton auf und die hellen Flecken breiten sich weiter aus.

Der Schwanz

Sowohl Weibchen als auch Männchen der Griechischen Landschildkröte haben einen Schwanz, an dessen Spitze sich ein Hornnagel befindet. Der Schwanz männlicher Schildkröten ist dabei deutlich größer als der Schwanz weiblicher Schildkröten.

Geschlechtsspezifische Merkmale

Männchen haben einen längeren Schwanz als Weibchen. Außerdem weist die Kloake der Männchen einen größeren Abstand zum Panzer auf. Die Form des Plastrons ist ebenfalls unterschiedlich. Während Männchen einen konkaven Bauchpanzer haben ist derjenige der Weibchen eben bis leicht konvex. Die Afterschilde des Männchens bilden zusammen ein V, was bei den Weibchen nicht so stark ausgeprägt ist. Boettgeri Weibchen werden in der Regel auch deutlich größer als die Männchen. Während diese eine Panzerlänge von 20cm – 23cm erreichen, kann die Panzerlänge der Weibchen 25cm – 28cm betragen. Einige Individuen werden sogar noch größer.

Hinterhälften der Unterseiten von Männchen und Weibchen im Vergleich. Das Männchen (links) hat einen deutlich dickeren und längeren Schwanz als das Weibchen (rechts). Zudem sehen die hintersten Panzerplatten beim Männchen wie ein umgedrehtes V aus, während die des Weibchens eher an ein umgedrehtes Herz erinnern.

Die Geschlechtsspezifischen Merkmale sind jedoch nicht von Geburt an voll entwickelt, sondern prägen sich erst im Laufe des Lebens richtig aus. Die Entwicklung ist dabei nicht alters- sondern gewichtsabhängig, sodass man ab ca. 300g Körpergewicht erste Tendenzen erkennen kann.

Verhaltensweise der Griechischen Landschildkröte

Wie alle Reptilien ist auch die Griechische Landschildkröte ein wechselwarmes Tier. Das bedeutet, dass die Körpertemperatur nicht konstant ist, sondern von der Umgebungstemperatur abhängig ist. Dabei besteht aber kein direkter Zusammenhang zwischen der Außen- und der Körpertemperatur. Vielmehr sind Schildkröten sogenannte Thermoregulierer d.h., dass sie durch ihr Verhalten aktiv Einfluss auf ihre Körpertemperatur nehmen, um diese so zu regulieren, dass sie nach Möglichkeit den bevorzugten 30° Celsius entspricht.

In ihrer Aktivitätsphase, die (je nach Region) von etwa Februar/März bis Oktober/November andauert, verbringen die Tiere daher viel Zeit damit sich in der Sonne aufzuwärmen und sich im Schatten wieder abzukühlen, wenn es zu heiß wird. In den kühleren Monaten im Frühling und im Herbst weisen sie eine durchgehende Aktivitätsphase auf. Die ersten Sonnenstrahlen am Morgen werden bereits zum Aufwärmen genutzt. Zwischendurch wird immer mal wieder was gefressen und am Abend verkriechen sich die Tiere wieder, wobei sie sich auch gerne in die Erde eingraben, die wie eine Decke wirkt und die Schildkröten vor einem zu starken Auskühlen schützt. In den heißen Sommermonaten ist die aktive Zeit auf die Morgen- und Abendstunden begrenzt. In der Mittagssonne ist es der Griechischen Landschildkröte zu heiß, sodass sie für einige Stunden schattige, kühle Plätze aufsucht, um nicht auszutrocknen oder zu überhitzen. Auch hier vergräbt sie sich gerne unter die Erde, da diese sie vor der prallen Sonne schützt.

In der Zeit von Oktober/November bis Februar/März, hält die Griechische Landschildkröte eine Winterstarre. Diese dauert je nach Unterart und den Gegebenheiten in der Region zwischen 3 und 5 Monaten an.

Paarung/Vermehrung

Die Männchen sind fast die gesamte Zeit über Paarungsbereit, sofern es warm genug ist, weshalb es auch fast immer zur Paarung kommen kann. Das Männchen rennt dabei dem Weibchen hinterher und versucht es in die Hinterbeine (manchmal auch in den Kopf) zu beißen, damit es stehen bleibt. Bleibt das Weibchen dann ruhig, klettert das Männchen an ihm hoch und dringt dann mit einem hörbaren Quieken in das Weibchen ein. Das Weibchen läuft daraufhin wieder weg, womit das Ritual von vorne beginnt. Dieser Vorgang wiederholt sich einige Male über mehrere Minuten hinweg.

Weibliche Griechische Landschildkröten müssen sich nicht jedes Jahr paaren um befruchtete Eier zu legen. Sie besitzen die Fähigkeit das Sperma mehrerer Männchen für bis zu 4 Jahre zu speichern. Jüngste Untersuchungen ergaben dabei, dass die Paarungsreihenfolge keinerlei Einfluss auf den Erfolg eines Männchens hat ein Ei zu befruchten.

Laut Wikipedia ist die Befruchtungsrate sehr gering (ca. 1%) und die Fähigkeit der Weibchen Sperma zu speichern könnte als Ausgleich zu dieser geringen Befruchtungsrate dienen.

Griechische Landschildkröte Testudo Hermanni Boettgeri Eiablage Hermann's tortoise laying eggs

Zwischen Mai und Juli legt das Weibchen dann 1 bis 3 mal je 4 bis 10 Eier. Dazu gräbt es mit den Hinterbeinen ein 7cm bis 10cm breite und tiefes Loch, in die die Eier reingefallen lassen werden. Dabei wird das Ei zunächst auf ein Hinterbein fallen gelassen und anschließend erst ins Loch. Mit den Hinterbeinen wird das Ei dann in dem Loch zurecht gelegt. Zwischendurch wird immer mal wieder etwas Erde ins Loch gekippt. Nachdem alle Eier gelegt wurden, wird das Loch wieder vollständig zu gemacht um es vor Feinden zu verstecken.

Bewegungsdrang und Revierverhalten der Griechischen Landschildkröte

Wenn es nicht gerade sehr heiß ist, hat Testudo hermanni boettgeri einen recht großen Bewegungsdrang und legt täglich 80m bis 400m zurück. Sie haben dabei verhältnismäßig große Reviere von bis zu 1,8ha in denen sie sich bewegen.

Männchen vertragen sich untereinander in der Regel nicht so gut, weshalb Nebenbuhler schnell vertrieben werden.

Nicht zu verachten ist auch ihr Drang zu klettern. Dies tun sie nicht nur um Hügel aus Stein oder Rinde zu erklimmen um der wärmenden Sonne etwas näher zu kommen, sondern auch gerne mal übereinander.

Wie oben bereits erwähnt buddeln Schildkröten sehr gerne Löcher um dort vor Hitze oder Kälte zu fliehen oder einfach um in der Kuhle zu nächtigen.

Verhalten bei Gefahr

Bei Gefahr lassen sich Beine und Kopf sehr weit in den Panzer Einziehen um so die leicht verletzbaren Teile vor Fressfeinden zu schützen.

Was viele nicht wissen, ist die Tatsache das Schildkröten bei Bedarf auch auf eine andere Taktik zurückgreifen.
Spürt die Griechische Landschildkröte Gefahr von oben, wenn Druck auf ihren Panzer ausgeübt wird, kann sie auch panische, große Sätze nach vorne machen. Diese panischen Vorstöße wirken teilweise wie richtige kleine Sprünge nach vorne. Anschließend hechtet das Tier zum nächsten sicheren Versteck. Auf der Flucht kann Testudo hermanni auch größere Geschwindigkeiten erreichen als es im Alltag vermuten lässt. Diese Fluchtattacke ist nötig um sich vor Greifvögeln zu retten, welche die Schildkröten aus großer Höhe auf die Erde fallen lassen um den Panzer zu knacken und bei denen das simple Einziehen der Gliedmaßen als Schutz gänzlich nutzlos ist.

Fressverhalten der  Griechischen Landschildkröte

Testudo hermanni boettgeri ernährt sich überwiegend herbivor, d.h. pflanzlich. Auf dem Speiseplan stehen hauptsächlich Wild- und Wiesenkräuter mit einem hohen Rohfaseranteil und Kalziumgehalt. Sie verschmäht aber auch kein Fallobst und selbst Würmer und Schnecken stehen ab und an auf dem Speiseplan.
Du findest hier eine Auflistung ungiftiger Futterpflanzen.

Je wärmer es draußen ist, desto mehr wird gefressen, wobei die Nahrungsaufnahme im Hochsommer wieder etwas reduziert wird und sich auf die kühleren Morgen- und Abendstunden beschränkt.

Beim fressen streckt die Griechische Landschildkröte erst ihre Zunge heraus, um das Futter zu ertasten. Gleichzeitig bleibt es an der Zunge kleben und somit in Position. Danach schnellt sie mit dem Kopf nach vorne und schnappt zu. In nachfolgendem Video ist dies gut zu erkennen.

Lebenserwartung einer Griechischen Landschildkröte

Durch ihren sparsamen Umgang mit Energie kann die Griechische Landschildkröte sehr alt werden. Wie alt genau, darüber scheiden sich die Geister. In der Natur werden die meisten wohl nur 20-30 Jahre alt. Weibchen sterben dabei, bedingt durch Verletzungen die bei der Fortpflanzung entstehen können, eher als Männchen. Die wenigsten erreichen ein Alter von über 50 Jahren. In Gefangenschaft soll es wohl sehr alte Tiere von über 80 Jahren und älter geben und theoretisch können sie die magische Grenze von 100 Jahren knacken. Ich selbst kenne jedoch niemanden mit solch einer alten Griechischen Landschildkröte. Unsere ältesten Tiere sind (Stand 2019) zwischen 40 und 50 Jahre alt.

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