Im Fachjournal Scientific Reports erschien die Tage ein Artikel über die Entdeckungen eines Forscherteams, unter dem sich auch der renommierte auf Schildkröten spezialisierte Herpetologe Prof. Dr. Uwe Fritz befindet, welches zehn nahezu vollständige mitochondriale Genome der ausgerotteten Riesenschildkröte Chelonoidis alburyorum von den Bahamas sequenziert hat.
Hintergrund
Mitochondrien sind Teile von Zellen, die meist eine besondere Funktion haben und von einer Doppelmembran umschlossen sind. Sie sind somit vom Rest der Zelle klar abgegrenzt. Zudem besitzen diese Teile eine eigene Erbsubstanz. Genome sind das Erbgut, also die Träger von vererbbaren Informationen. Die Erbinformation ist salopp gesagt eine Kette von Bausteinen, sogenannter Nukleotide. Bei einer Sequenzierung wird der exakte Aufbau der Bausteinkette bestimmt, also welche Bausteine in welcher Reihenfolge vorkommen. Mit Hilfe der Sequenzierung kann man dann Erkenntnisse über die Eigenschaften eines Lebewesens gewinnen wie z.B. das Verwandtschaftsverhältnis zu anderen Lebewesen.
Schon seit einigen Jahren untersucht das Team die DNA der heute ausgestorbenen Schildkröte von den Bahamas. Dabei konnten die Genome aus Proben von 6 unterschiedlichen Inseln der Bahamas sequenziert werden. Dadurch konnten zwei wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Zum einen fand man heraus, dass obwohl sich die Bahmas-Riesenschildkröten der unterschiedlichen Inseln teils stark voneinander unterschieden, sie genetisch alle als eine einzige Art zu betrachten sind. Des Weiteren fand man heraus, dass die Bahamas-Riesenschildkröte eng mit den Galapagos-Riesenschildkröten verwandt war. So kann man heute sagen, dass die Vorfahren der Galapagos-Riesenschildkröten kurz nach der Öffnung des Nordatlantiks vor 140 Millionen Jahren von Afrika aus nach Südamerika kamen und sich von da aus in die Karibik und die Galapagos Inseln ausbreiteten. Schon vor einigen Jahren berichtete ich darüber, dass die Galapagos Riesenschildkröten ursprünglich aus Brasilien kommen.
Die Verwandtschaft mit der Bahamas-Riesenschildkröte bedeutet womöglich aber auch, dass die Galapagos-Riesenschildkröte ebenfalls nur eine einzige Art ist. Bislang erkennt man etwa 15 verschiedene Arten an, denn auch auf den Galapagos Inseln unterscheiden sich die Schildkröten optisch teilweise sehr Stark voneinander. Sowohl die Größe als auch die Form der Panzer lässt auf unterschiedliche Arten schließen. Wenn die Genomik aber etwas anderes sagt, handelt es sich in Wahrheit nur um eine Art mit vielen, sich stark voneinander unterscheidenden, Unterarten.
Quellen
Kehlmaier et al.: Ancient mitogenomics elucidates diversity of extinct West Indian tortoises
Kehlmaier et al.: Tropical ancient DNA reveals relationships of the extinct Bahamian giant tortoise Chelonoidis alburyorum
idw: Auf den Bahamas lebte eine ausgestorbene Art, die mit den Galapagos-Schildkröten nahe verwandt war
Wikipedia: Mitochondrium
Titelbild: San-Cristóbal-Riesenschildkröte Attribution: mtkopone, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons