Winterschlaf, Winterstarre oder Winterruhe. Im Internet werden viele Begriffe für die Winterzeit verwendet, in der die Schildkröten unter der Erde versteckt sind. Die Winterstarre, wie es korrekt heißt, gehört bei der Griechischen Landschildkröten zum natürlichen Jahreszyklus dazu. Leider ist das noch nicht bei allen Haltern angekommen. Zudem haben viele Halter Angst vor der Winterstarre oder führen sie auf Grund von Fehlinformationen falsch durch. Allerdings ist es für die Gesundheit der Schildkröten extrem wichtig eine Winterstarre zu halten. Wie sie funktioniert und was du dabei beachten musst, erkläre ich in den folgenden Abschnitten.
Was ist die Winterstarre?
Die Winterstarre ist ein Zustand in den die Schildkröte ab Unterschreitung einer bestimmten Körpertemperatur verfällt. Den Zustand kann man sich wie einen Energiesparmodus vorstellen. Sämtliche Vorgänge wie Stoffwechsel, Atem- oder Herzfrequenz werden auf ein absolutes Minimum reduziert. Während dieser Zeit bewegt sich die Schildkröte auch so gut wie gar nicht, denn das kostet viel Energie. Dank der Winterstarre schafft es die Schildkröte trotz fehlender Wärme, die sie als wechselwarmes Tier braucht, und evtl. fehlender Nahrung den Winter für mehrere Monate ohne Wasser und Nahrung zu überstehen.
Anders als der Winterschlaf und die Winterruhe wird die Winterstarre nicht durch die innere Uhr eingeleitet, sondern durch die niedrige Temperatur. Starrende Schildkröten lassen sich daher auch nicht durch äußere Reize wie Licht oder Berührungen wecken, sondern erst wieder durch steigende Temperaturen.
Bedingungen
Die Griechische Landschildkröte Testudo hermanni boettgeri starrt etwa 4-5 Monate lang. Die Winterstarre sollte selbstverständlich in den kalten Monaten des Jahres an einem dunklen Ort gehalten werden. Als grobe Richtlinie: Von Ende Oktober bis Mitte März. Die Temperatur der Erde, sollte dabei zwischen 4° und 6° Celsius liegen.
Da die Winterstarre für kranke Tiere ein gewisses Risiko darstellt, solltet ihr bei kranken Tieren oder bei Verdacht auf eine Krankheit mit einem erfahrenen Tierarzt abklären, ob diese eine Starre halten sollten oder nicht. In diesen Ausnahmefällen ist es für die Gesundheit deiner Schildkröte besser einen Winter auf die Starre zu verzichten, damit sie wieder vollständig genesen kann.
Vorbereitung
Aus Sicht des Halters ist eigentlich gar nicht viel zu tun. Durch die sinkenden Temperaturen im Herbst, werden die Schildkröten immer inaktiver und stellen irgendwann die Nahrungsaufnahme ein. Da es bei uns früher kalt wird als in den natürlichen Vorkommensgebieten, ist es wichtig den Zeitpunkt der Winterstarre mit der richtigen Technik etwas hinaus zu zögern. Von daher solltest du deinen Schildkröten auf jeden Fall eine Wärmelampe anbieten und die Brenndauer schrittweise reduzieren. Es ist immer ein bisschen schwer einen konkreten Zeitplan anzugeben, da es auch immer von den Wetterbedingungen abhängt. Gibt es bereits Anfang September einen drastischen Kälteeinbruch, muss natürlich stark zu geheizt werden, haben wir Mitte September noch 30° macht es keinen Sinn die Wärmelampe den ganzen Tag brennen zu haben. Beobachte am besten das Wetter und auch das Verhalten deiner Schildkröte und passe den Einsatz der Wärmelampen daran an. Im Idealfall solltest du deine Tiere so bis ca. Ende Oktober aktiv halten können. Sollten sie sich früher schon verbuddeln, ist es aber auch kein Drama. Ich habe schon ungünstige Jahre erlebt, in denen sich meine Schildkröten wegen eines Temperatursturzes teilweise schon Anfang September verbuddelt haben und trotz Wärmelampen nicht mehr rauskommen wollten. Auch nicht, als die Temperaturen wieder milder wurden. Überlebt haben sie aber alle. Gerade boettgeri ist da ziemlich hart im nehmen.
Je nach Wetterverhältnissen werden sich deine Schildkröten dann etwa ab Mitte/ Ende Oktober dauerhaft einbuddeln. Dies bedeutet aber noch nicht, dass die Winterstarre begonnen hat. Die Tiere buddeln sich deshalb ein, weil die Erde wie eine Decke wirkt und vor den kalten Außentemperaturen und somit vor einem vorzeitigen Auskühlen schützt. Erst wenn die Körpertemperatur unter das Akzeptanzminimum gesunken ist, verfällt die Schildkröte in die Winterstarre.
Neben der Bereitstellung der Technik gehört zu deinen Aufgaben noch deine Schildkröten auf ihren Gesundheitszustand zu überprüfen. Denn kranke Tiere dürfen unter Umständen keine Winterstarre halten. Sollte dir bei einem deiner Tiere also etwas auffallen, gehe sicherheitshalber zu einem fachkundigen Tierarzt, der dich im Krankheitsfall beraten kann ob eine Starre gehalten werden sollte oder nicht. Zudem musst du, abhängig vom Ort, an dem du deine Schildkröte starren lassen möchtest, die Überwinterungskiste bzw. die Überwinterrungsgrube vorbereiten. Dazu mehr in den entsprechenden Unterkapiteln.
Der richtige Überwinterungsort
Es gibt verschiedene Möglichkeiten seine Schildkröten den Winter über unterzubringen. Manch einer lässt seine Schildkröte draußen starren, andere packen sie in der kalten Jahreszeit in den Kühlschrank. Nicht wenige werden dafür von anderen schief angeschaut. Im folgenden stelle ich die verschiedenen Möglichkeiten vor , beleuchte sie auf ihre Tauglichkeit und mache auf mögliche Probleme und Gefahren aufmerksam.
Winterstarre im Freigehege
Dies ist der natürlichste Ort, macht aber auch vielen Menschen Angst, dass die Schildkröten erfrieren könnten. Es gibt zwei Varianten für die Überwinterung im Freigehege. Die Tiere können sich entweder an einer beliebigen Stelle verbuddeln oder man packt sie in eine sogenannte Überwinterrungsgrube.
Die Überwinterungsgrube
Eine speziell eingerichtete Überwinterungsgrube ist zumeist ein isoliertes Becken, dass in den Boden eingelassen ist und einen Deckel bekommt. Diesen kann man noch mit einer Heizung ausstatten. Alternativ kann die Grube auch direkt mit einem vorhanden Frühbeet oder Schlafhaus kombiniert werden. Im Internet findet man ausführliche Anleitungen für den Bau einer Überwinterungsgrube. Für Regionen mit sehr strengen Wintern ist dies eine gute Möglichkeit seine Schildkröten draußen überwintern zu lassen. Es muss allerdings nicht zwingend in den Boden eingelassen werden. Es gibt natürlich auch freistehende Varianten, diese haben allerdings den Nachteil, dass die Seiten stärker den Temperaturen ausgesetzt sind. Ausgestattet mit entsprechender Technik lässt sich die Grube komplett frostfrei halten und sie bietet obendrein noch Schutz vor Fressfeinden. Ein Nachteil ist, dass die Schildkröten aktiv dort hineingesetzt werden müssen und im Frühjahr gegebenenfalls auch wieder ausgebuddelt werden müssen. Da gilt es natürlich den richtigen Zeitpunkt zu finden und das ganze nicht zu abrupt zu machen.
Winterstarre ohne Überwinterungsgrube
In Regionen mit milden Wintern (selten kälter als -5° bis -10° Celsius), wie bei uns im Rheinland, ist man nicht zwingend auf eine Überwinterungsgrube angewiesen und die Schildkröten können sich dort verbuddeln, wo sie die günstigsten Bedingungen finden. Das wichtigste ist es, dass sich die Tiere tief genug einbuddeln können, dann können sie auch nicht erfrieren. Die Erde ist eine gute Isolierschicht und schützt vor Frost. Es dauert wirklich eine ganze Weile, bis sich der Frost tief in den Boden frisst. Unsere adulten Schildkröten buddeln sich irgendwann einfach ganz von alleine weg und das tief genug, um nicht zu erfieren. Die folgende Karte, die mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde, verschafft euch einen Überblick über die mittleren Temperaturen in Deutschland im Vergleich zu denen in den ursprünglichen Lebensräumen.
Wichtig für die Beurteilung, ob eine Überwinterrung ohne Grube möglich ist, ist die Anzahl der Frost und Eistage im Wohnort. Ein Frosttag ist ein Tag, an dem das Temperaturminimum unterhalb von 0° Celsius liegt. Ein Eistag ist ein Tag, an dem das Temperaturmaximum unterhalb von 0° Celsius liegt. In Regionen, in denen die Anzahl an Frosttagen nicht mehr als 60-70 Tage und die Anzahl der Eistage nicht mehr als 10-15 Tage beträgt, sollte eine Winterstarre im Freien möglich sein. Ein Anhaltspunkt geben die beiden folgenden Karten
Winterstarre im Kühlschrank
Oftmals wird man erstaunt angeschaut oder sogar belächelt, wenn man erzählt, dass man im Winter Schildkröten in seinem Kühlschrank hat. Dabei bietet die Überwinterung im Kühlschrank einige Vorteile. So ist es sehr leicht die erforderlichen Temperaturen zu halten, die Tiere sind vor Feinden geschützt und man kann sie sehr gut überwachen. Sollte sich eine Schildkröte zu früh ausbuddeln, weil ihr etwas fehlt, droht sie nicht direkt zu erfrieren. Das kann bei Tieren sinnvoll sein, die vorher krank waren und der Arzt eine Überwachung empfiehlt.
In einer Box mit Erde können sich die Tiere vergraben und die Temperaturen im Innern mit einem Thermometer leicht überwacht und im Kühlschrank einfach reguliert werden. Der Kühlschrank sollte regelmäßig gelüftet, um frischen Sauerstoff zuzuführen, und die Erde nachgefeuchtet werden. Zu diesem Zweck greifen einige auf Sphagnum Moos zurück, welches angefeuchtet oben auf die Erde gelegt wird. Alternativ kann auch ein feuchtes Küchentuch über die Überwinterungskiste gelegt werden. Die Erde darf jedoch nur leicht feucht sein und keines Falls nass. Kleiner Tipp: Wasserflaschen im Kühlschrank sorgen für gleichmäßigere Temperaturen und helfen dabei die 4-6 Grad zu erreichen.
Winterstarre im Keller oder der Garage
Auch diese Orte werden für die Überwinterung genutzt. Das Manko ist allerdings, dass es an diesen Orten oftmals etwas zu warm ist. Die Temperatur sollte maximal bei 6° Celsius liegen, was nur in wenigen Kellern erreicht wird. Daher würde ich diese Orte nicht empfehlen. Auch hier wieder die Schildkröten in eine Box mit Erde setzen, die ab und zu nachgefeuchtet wird.
Schildkröten aus der Winterstarre holen
Anfang bis Mitte März, nach ca. 4-5 Monaten, haben die Tiere genug gestarrt und man sollte sie langsam und nicht zu abruppt aus dem Winterschlaf holen.
Die Tiere die draußen überwintert haben werden von alleine zurück an die Erdoberfläche kommen. Dies dauert meist seine Zeit, da sich die Erde im Innern nicht so schnell erwärmt wie die Luft. Sind die Temperaturen jedoch seit Längerem schon sehr warm und ihr seht von den Tieren noch nichts, könnt ihr sie auch vorsichtig ausbuddeln.
Solche die den Winter über im Kühlschrank waren müsst ihr selbstverständlich manuell wecken. Dazu die Kühlschranktemperatur zum Ende der Starre hin schrittweise auf 8° bis 11° Celsius erhöhen. Die Box später an einen ähnlich warmen Ort (z.B draußen oder im Keller) platzieren. Die Schildkröten graben sich dann von alleine aus, was meiner Erfahrung nach bei den meisten Tieren recht flott geschieht. Manche lassen sich aber damit auch mehrere Stunden oder Tage Zeit. Sind die Tiere wieder an der Erdoberfläche, können sie richtig versorgt werden.